John Magufuli, der Präsident Tansanias, macht ernst. Nachdem die Pläne über viele Jahre immer und immer wieder verschoben wurden, sollen im Juni 2019 endlich die Bauarbeiten für den neuen Staudamm im Selous Game Reserve beginnen.
Und es sieht derzeit nicht danach aus, dass sich die Regierung Tansanias noch irgendwie von ihrem Vorhaben abbringen lässt.
Selous Game Reserve: Eines der letzten vom Menschen noch weitgehend ungestörten Naturparadiese Afrikas.
Seitdem Ende 2018 tatsächlich mit den Vorarbeiten begonnen wurde, sorgt der geplante Staudamm im Selous Game Reserve für ernsthafte politische Dissonanzen.
Da durch das Großprojekt am Rufiji Fluss ganz unmittelbar der Fortbestand von einem der größten und ältesten Wildschutzgebiete Afrikas bedroht wäre, hat sich Ende 2018 nun sogar der Deutsche Bundestag mit dem geplanten Staudamm befasst.
Mit Anträgen von FDP und SPD/CDU sollte die deutsche Bundesregierung aufgefordert werden, in Tansania auf höchster Ebene zu intervenieren, um die unwiederbringliche Zerstörung von einer der letzten echten Wildnisse Afrikas noch abzuwenden. Wie es aussieht, war dieser Versuch jedoch vergeblich.
Da durch das Großprojekt am Rufiji Fluss ganz unmittelbar der Fortbestand von einem der größten und ältesten Wildschutzgebiete Afrikas bedroht wäre, hat sich Ende 2018 nun sogar der Deutsche Bundestag mit dem geplanten Staudamm befasst.
Mit Anträgen von FDP und SPD/CDU sollte die deutsche Bundesregierung aufgefordert werden, in Tansania auf höchster Ebene zu intervenieren, um die unwiederbringliche Zerstörung von einer der letzten echten Wildnisse Afrikas noch abzuwenden. Wie es aussieht, war dieser Versuch jedoch vergeblich.
UNESCO-Welterbe in Gefahr
Noch ist das Selous Game Reserve im Südosten Tansanias eine über 50.000 km² große und vom Menschen nahezu unberührte Wildnis, die seit 1982 als UNESCO-Welterbe gelistet ist. Historisch war das Naturschutzgebiet von der Größe Bosniens immer schon nur dünn besiedelt. Bereits in der Deutschen Kolonialzeit wurden hier Elefanten wegen ihres Elfenbeins gejagt, wofür ein erstes kleines Wildreservat eingerichtet wurde.
Illustration: IntoEastAfrica
Durch die eingeschränkte Landnutzung und die von den Kolonialherren angeordnete Umsiedelung vieler Bewohner breitete sich die von der Tsetsefliege übertragene Schlafkrankheit weiter aus, was später wiederum die Engländer dazu bewog, das Reservat weiter zu vergrößern.
Illustration: IntoEastAfrica
Durch die eingeschränkte Landnutzung und die von den Kolonialherren angeordnete Umsiedelung vieler Bewohner breitete sich die von der Tsetsefliege übertragene Schlafkrankheit weiter aus, was später wiederum die Engländer dazu bewog, das Reservat weiter zu vergrößern.
Selous-Niassa-Ökosystem
Längst hat man verstanden, dass das Selous Game Reserve Teil eines viel größeren Ökosystems ist. Dieses Selous-Niassa-Ökosystem umfasst den nordwestlich angrenzenden Mikumi-Nationalpark ebenso wie die zum Nationalpark deklarierten Udzungwa-Berge und reicht im Süden mit dem Niassa Game Reserve bis weit nach Mosambik hinein. Noch können sich die Tiere zwischen diesen Schutzgebieten relativ frei bewegen.
Der geplante Staudamm am Rufiji River ist jedoch nicht die einzige Bedrohung von einem der letzten echten Naturparadiese Afrikas. Es gibt Überlegungen, in größerem Stil Uranerze zu fördern, die im Boden unter dem Schutzgebiet vermutet werden. Ebenso wurde bereits nach Öl gesucht.
Der geplante Staudamm am Rufiji River ist jedoch nicht die einzige Bedrohung von einem der letzten echten Naturparadiese Afrikas. Es gibt Überlegungen, in größerem Stil Uranerze zu fördern, die im Boden unter dem Schutzgebiet vermutet werden. Ebenso wurde bereits nach Öl gesucht.
Elefant Country
Auch die Wilderei ist ein massives Problem. Einst war der Selous für seine gewaltige Elefantenpopulation berühmt, da hier sehr gute Bedingungen für das Wachstum von Elefanten-Futterpflanzen herrschen.
Ende der 70er Jahre sollen es noch bis zu 110.000 Elefanten gewesen sein, die sich zeitweise hier aufhielten. Mehr gab es seinerzeit nirgendwo sonst in Afrika. Heute gibt es im Selous geschätzt nur noch rund 13.000 bis 15.000 Tiere, Tendenz fallend.
Die relativ geringe Entfernung zur Hauptstadt Dar-Es-Salaam ist für den Selous eine zusätzliche Bürde, da der Hafen von Dar-Es-Salaam als einer der Hauptumschlagplätze in Afrika für gewildertes Elfenbein gilt. Das riesige Gebiet lässt sich nur schwer kontrollieren und die Wilderer sind zudem hochprofessionell ausgerüstet.
Selous Game Reserve © Richard Mortel
Geschossen wird im Selous sowohl ohne als auch mit offizieller Erlaubnis, und im Vergleich mit dem Safari-Tourismus verdient Tansania im Selous mit legal erteilten Jagdkonzessionen sehr viel mehr Geld.
Weniger als ein Zehntel der Einnahmen im Selous stammen aus dem Tourismus. Mit 8.000 bis 10.000 Besuchern pro Jahr zählt der Selous in Tansania nicht zu den Tourismus-Magneten und galt daher unter Afrika-Kennern bislang auch als Geheimtipp.
Ende der 70er Jahre sollen es noch bis zu 110.000 Elefanten gewesen sein, die sich zeitweise hier aufhielten. Mehr gab es seinerzeit nirgendwo sonst in Afrika. Heute gibt es im Selous geschätzt nur noch rund 13.000 bis 15.000 Tiere, Tendenz fallend.
Die relativ geringe Entfernung zur Hauptstadt Dar-Es-Salaam ist für den Selous eine zusätzliche Bürde, da der Hafen von Dar-Es-Salaam als einer der Hauptumschlagplätze in Afrika für gewildertes Elfenbein gilt. Das riesige Gebiet lässt sich nur schwer kontrollieren und die Wilderer sind zudem hochprofessionell ausgerüstet.
Selous Game Reserve © Richard Mortel
Geschossen wird im Selous sowohl ohne als auch mit offizieller Erlaubnis, und im Vergleich mit dem Safari-Tourismus verdient Tansania im Selous mit legal erteilten Jagdkonzessionen sehr viel mehr Geld.
Weniger als ein Zehntel der Einnahmen im Selous stammen aus dem Tourismus. Mit 8.000 bis 10.000 Besuchern pro Jahr zählt der Selous in Tansania nicht zu den Tourismus-Magneten und galt daher unter Afrika-Kennern bislang auch als Geheimtipp.
Hunger nach Energie
Unbestritten ist, dass Tansania dringend neue Kraftwerke zur Stromerzeugung benötigt, um sich entwickeln zu können. Noch gehört das Land zu den am wenigsten industrialisierten Nationen der Welt. Allerdings ist das wirtschaftliche Wachstum wie in ganz Ostafrika in den letzten Jahren stark nach oben geschnellt. Außerdem zählt Tansania mit einem jährlichen Bevölkerungswachstum von über 3% zu den globalen Top Ten. Von den bald 60 Millionen Einwohnern lebt jedoch ein Drittel noch immer in Armut.
Wirtschaftliches Wachstum benötigt Energie und diesbezüglich stehen derzeit landesweit nur 1.500 Megawatt an installierter Kraftwerksleistung zur Verfügung. Grob die eine Hälfte stammt aus Gas und Öl, die andere aus erneuerbaren Energiequellen wie der Wasserkraft.
Übrigens: Italien hat mit 60 Millionen Einwohnern eine ähnlich große Bevölkerung wie Tansania, verfügt jedoch mit rund 118 Gigawatt über mehr als 80 Mal so viel an installierter Kraftwerksleistung.
Wirtschaftliches Wachstum benötigt Energie und diesbezüglich stehen derzeit landesweit nur 1.500 Megawatt an installierter Kraftwerksleistung zur Verfügung. Grob die eine Hälfte stammt aus Gas und Öl, die andere aus erneuerbaren Energiequellen wie der Wasserkraft.
Übrigens: Italien hat mit 60 Millionen Einwohnern eine ähnlich große Bevölkerung wie Tansania, verfügt jedoch mit rund 118 Gigawatt über mehr als 80 Mal so viel an installierter Kraftwerksleistung.
Afrika holt mächtig auf
Seit rund einem Jahrzehnt wächst die Wirtschaft in vielen Teilen Afrikas deutlich. Tansania gehört dabei mit 5,8 % Wachstum im Jahr 2018 und erwarteten 6% für 2019 zu den größten Gewinnern auf dem Schwarzen Kontinent.
Die wohl bedeutendste Triebkraft hinter dem neuem Aufschwung ist China. Längst haben die Chinesen die USA als wichtigsten Handelspartner der Afrikaner abgelöst. Beim 8. China-Afrika Gipfel, der im September 2018 in Peking stattfand, wurden gerade erst weitere 50 Mrd. USD versprochen, die die Entwicklung Afrikas weiter vorantreiben sollen.
China möchte damit Infrastrukturen finanzieren, um bestehende Engpässe zu beseitigen. Und gerade bei der Infrastruktur spielt Tansania eine entscheidende Rolle.
Die wohl bedeutendste Triebkraft hinter dem neuem Aufschwung ist China. Längst haben die Chinesen die USA als wichtigsten Handelspartner der Afrikaner abgelöst. Beim 8. China-Afrika Gipfel, der im September 2018 in Peking stattfand, wurden gerade erst weitere 50 Mrd. USD versprochen, die die Entwicklung Afrikas weiter vorantreiben sollen.
China möchte damit Infrastrukturen finanzieren, um bestehende Engpässe zu beseitigen. Und gerade bei der Infrastruktur spielt Tansania eine entscheidende Rolle.
Neues Selbstbewusstsein
Mit dem 2015 gewählten neuen Präsidenten John Magufuli fanden die Chinesen einen idealen Partner. Magufuli hat 2015 vor allem deswegen die Wahlen gewonnen, weil er seinen Landsleuten die Erlangung wirtschaftlicher Autonomie und die Abnabelung von westlicher Entwicklungshilfe versprochen hat. Tansania soll in Zukunft wieder selbst entscheiden können, wie und wo wirtschaftliche Entwicklung im Lande gefördert wird.
Im Gegensatz zum Westen bindet China Geld nicht an Auflagen. Und für den reibungslosen Transfer der Bodenschätze aus dem Kongo an die großen Häfen am Indischen Ozean benötigt China das Wohlwollen von Kenia, Uganda und Tansania. Deshalb investiert China gerade massiv in neue Eisenbahnkorridore in diesen drei Ländern. Der Transport über die Straße ist in Afrika extrem teuer und zeitaufwendig. Der Ausbau der Straßen ist deswegen keine Alternative für die Chinesen.
Eines dieser internationalen Eisenbahngroßprojekte unter Chinesischer Schirmherrschaft ist die Strecke von Dar-Es-Salaam bis nach Goma an der Grenze zwischen Ruanda und dem Kongo. Die rund 1.600 Kilometer lange Strecke soll in Normalspur komplett neu gebaut werden.
Im Gegensatz zum Westen bindet China Geld nicht an Auflagen. Und für den reibungslosen Transfer der Bodenschätze aus dem Kongo an die großen Häfen am Indischen Ozean benötigt China das Wohlwollen von Kenia, Uganda und Tansania. Deshalb investiert China gerade massiv in neue Eisenbahnkorridore in diesen drei Ländern. Der Transport über die Straße ist in Afrika extrem teuer und zeitaufwendig. Der Ausbau der Straßen ist deswegen keine Alternative für die Chinesen.
Eines dieser internationalen Eisenbahngroßprojekte unter Chinesischer Schirmherrschaft ist die Strecke von Dar-Es-Salaam bis nach Goma an der Grenze zwischen Ruanda und dem Kongo. Die rund 1.600 Kilometer lange Strecke soll in Normalspur komplett neu gebaut werden.
Mit 160 km/h durch die Savanne
Die Ausschreibung für den ersten, rund 300 Kilometer langen Abschnitt von Dar-Es-Salaam nach Morogoro hat mit Yapı Merkezi ein Türkischer Baukonzern gewonnen. Yapı Merkezi hat sich zuvor bereits mit anderen in Afrika erfolgreich umgesetzten Infrastruktur-Projekten einen Namen gemacht.
Wenn die elektrisch betriebene Strecke fertig ist, sollen darüber jährlich 5 Mio Tonnen Güter und 1,2 Mio Passagiere befördert werden. Die geplante Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h wäre für Ostafrika ein Quantensprung.
Für die Einlösung dieses Versprechens muss jedoch die Stromversorgung entlang der 300 Kilometer langen Strecke dauerhaft gesichert sein. Eine immense Herausforderung, da in Tansania regelmäßig im ganzen Land der Strom ausfällt.
Wenn die elektrisch betriebene Strecke fertig ist, sollen darüber jährlich 5 Mio Tonnen Güter und 1,2 Mio Passagiere befördert werden. Die geplante Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h wäre für Ostafrika ein Quantensprung.
Für die Einlösung dieses Versprechens muss jedoch die Stromversorgung entlang der 300 Kilometer langen Strecke dauerhaft gesichert sein. Eine immense Herausforderung, da in Tansania regelmäßig im ganzen Land der Strom ausfällt.
Seit langem geplant, nun wird der Staudamm tatsächlich gebaut
Die elektrisch betriebene Bahnstrecke dürfte einer der wesentlichen Gründe dafür gewesen sein, dass Präsident Magufuli im September 2017 das Staudamm-Projekt aus der Schublade holte.
Illustration: IntoEastAfrica
Die errechnete Kraftwerksleistung von 2.100 MW würde jedenfalls locker ausreichen, um die neue Bahnstrecke zuverlässig mit Strom zu versorgen.
Illustration: IntoEastAfrica
Die errechnete Kraftwerksleistung von 2.100 MW würde jedenfalls locker ausreichen, um die neue Bahnstrecke zuverlässig mit Strom zu versorgen.
Die Entscheidung der Tansanischen Regierung für den Staudamm trifft auf massive Widerstände
Umweltexperten, Aktivisten und Wissenschaftler sehen das Selous-Niassa Ökosystem durch das Staudamm-Projekt massiv bedroht. Der 130 Meter hohe Staudamm würde zwischen 1.000 und 1.500 km² Wildnis fluten. Ein See doppelt so groß wie Berlin und dreimal so groß wie der Bodensee würde entstehen.
Die Argumente der Staudamm-Gegner
Die Experten argumentieren, dass mit dem Stausee nicht nur der Lebensraum selbst, sondern auch wichtige Wanderrouten vieler Wildtiere verloren gingen. Das Selous Game Reserve ist zudem eines der letzten Refugien für den vom Aussterben bedrohten Afrikanischen Wildhund.
Nach der Fertigstellung des Staudamms wären zudem zahlreiche Tiere zum Ertrinken verurteilt, da sie den langsamen Anstieg des Wassers nicht als Bedrohung wahrnehmen und daher auch nicht flüchten.
Als der am Sambesi zwischen 1954 und 1958 gebaute Kariba-Staudamm fertig war und geflutet wurde, strandeten zahlreiche Tiere auf einzelnen Inseln im See, wo sie beim weiteren Anstieg des Wassers jämmerlich ertranken.
Nach der Fertigstellung des Staudamms wären zudem zahlreiche Tiere zum Ertrinken verurteilt, da sie den langsamen Anstieg des Wassers nicht als Bedrohung wahrnehmen und daher auch nicht flüchten.
Als der am Sambesi zwischen 1954 und 1958 gebaute Kariba-Staudamm fertig war und geflutet wurde, strandeten zahlreiche Tiere auf einzelnen Inseln im See, wo sie beim weiteren Anstieg des Wassers jämmerlich ertranken.
Der sichere Tod für tausende von Tieren
Lokale Wildhüter trieben eine große Menge an Spendengeld ein und retteten damit während der über fünf Jahre laufenden „Operation Noah“ mehr als 6.000 Tieren vor dem Ertrinken.
Von Zebras über Warzenschweine, Schlangen, Nashörner und Elefanten bis Löwen und Leoparden war damals fast alles dabei. Durch die weltweite Aufmerksamkeit, die die Rettungsaktion generierte, sah sich dann auch die Regierung von Rhodesien gezwungen weiteres Geld zur Rettung der Tiere zur Verfügung zu stellen.
Zur Legende wurden drei Elefanten, die bei ihrem Versuch beobachtet wurden schwimmend eine Distanz von 25 Kilometern bis zum rettenden Ufer zu überwinden. Zwei der grauen Riesen sollen diese auch für Elefanten außergewöhnliche Leistung tatsächlich geschafft haben.
Man kann sich im Zeitalter von Internet und Social Media gut vorstellen, was für ein gewaltiger Sturm der Entrüstung losbrechen würde, wenn sich bei Flutung des Rufiji-Staudamms die Bilder von ertrinkenden Tieren weltweit verbreiten.
Von Zebras über Warzenschweine, Schlangen, Nashörner und Elefanten bis Löwen und Leoparden war damals fast alles dabei. Durch die weltweite Aufmerksamkeit, die die Rettungsaktion generierte, sah sich dann auch die Regierung von Rhodesien gezwungen weiteres Geld zur Rettung der Tiere zur Verfügung zu stellen.
Zur Legende wurden drei Elefanten, die bei ihrem Versuch beobachtet wurden schwimmend eine Distanz von 25 Kilometern bis zum rettenden Ufer zu überwinden. Zwei der grauen Riesen sollen diese auch für Elefanten außergewöhnliche Leistung tatsächlich geschafft haben.
Man kann sich im Zeitalter von Internet und Social Media gut vorstellen, was für ein gewaltiger Sturm der Entrüstung losbrechen würde, wenn sich bei Flutung des Rufiji-Staudamms die Bilder von ertrinkenden Tieren weltweit verbreiten.
Neue Zufahrtsstraßen erleichtern auch den Wilderern die Arbeit
Auf den im Zuge des Staudammbaus neu gebauten Straßen würden wohl auch Wilderer viel leichter in das Schutzgebiet gelangen. Geologen weisen darauf hin, dass sich durch den Rückhalt der Sedimente auch das Flusssystem unterhalb des Dammes massiv verändern würde.
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Der Staudamm wäre der Anfang vom Ende dieses einzigartigen und geschützten Wildnisgebietes, er würde den Lebensraum von zigtausend Wildtieren überfluten, Wanderrouten überschwemmen und zusammenhängende Tierpopulationen trennen“
Tansania ist durch den Klimawandel in den letzten Jahren immer stärker von Dürren betroffen. Was passiert, wenn bei den Zuflüssen dauerhaft das Wasser ausbleibt? Zur Anbindung des Kraftwerks an die großen Städte bräuchte man außerdem mehrere hundert Kilometer an neuen Hochspannungsleitungen, die teilweise mitten durch das Selous Game Reserve schneiden.
Laut Expertenmeinung hätte Tansania beste Voraussetzungen für eine dezentrale Energieversorgung mittels Erdgas, Wind und Sonne. Derartige Anlagen wäre sehr viel billiger und schneller zu realisieren als das Staudamm-Projekt. Darüber hinaus wären dezentrale Systeme mit weit weniger Eingriffen in die Umwelt verbunden.
Laut Expertenmeinung hätte Tansania beste Voraussetzungen für eine dezentrale Energieversorgung mittels Erdgas, Wind und Sonne. Derartige Anlagen wäre sehr viel billiger und schneller zu realisieren als das Staudamm-Projekt. Darüber hinaus wären dezentrale Systeme mit weit weniger Eingriffen in die Umwelt verbunden.
Was laut Regierung für das Wasserkraftwerk spricht
Die Regierung Tansanias hält dagegen, dass Wasserkraft im Gegensatz zu Gas und Öl eine umweltfreundliche und nachhaltige Energiequelle ist. Wasserkraft ist vergleichsweise günstig, da Wasser in der Natur ja kostenlos zur Verfügung steht. Laut Regierung soll der Damm bereits in 3 Jahren fertig sein und die Arbeiter dann wieder aus dem Wildreservat abziehen.
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You can not talk of preserving environment, when the majority of the citizens are depending on charcoal or wood for most of their energy source.“
Außerdem würden durch den Stausee nur rund 3% der Fläche des Selous Game Reserve überschwemmt werden. Laut Regierung sei man mit der UNESCO im Gespräch, um ein möglichst nachhaltig geplantes Projekt zu garantieren und den Welterbe-Status des Selous zu erhalten.
Das Dilemma westlicher Entwicklungshilfe
Wirtschaftliche Entwicklung für Afrika und noch dazu mittels nachhaltiger Energie! Gute Argumente, an denen sich nun auch die deutsche Bundesregierung die Zähne ausbeißt. Gibt es überhaupt Alternativen zum Rufiji-Staudamm-Projekt?
Verständigen konnten sich die Parteien im Deutschen Bundestag lediglich darauf, dass Deutschland den Dialog mit der Regierung Tansanias intensivieren und diese noch besser dabei unterstützen sollte, nachhaltige und umweltverträgliche Lösungen zur Energieerzeugung zu finden. Wie diese Lösungen konkret aussehen sollen, bleibt vage.
Der Vorschlag der FDP-Fraktion, Tansania bei Verzicht auf den Staudamm ein hochmodernes Gas- und Dampfkraft zu finanzieren, wurde von den anderen Parteien abgelehnt. Die FDP wollte den Vorschlag an die Bedingung knüpfen, nur bei Verzicht auf den Damm auch die deutsche Entwicklungshilfe fortzuführen.
Verständigen konnten sich die Parteien im Deutschen Bundestag lediglich darauf, dass Deutschland den Dialog mit der Regierung Tansanias intensivieren und diese noch besser dabei unterstützen sollte, nachhaltige und umweltverträgliche Lösungen zur Energieerzeugung zu finden. Wie diese Lösungen konkret aussehen sollen, bleibt vage.
Der Vorschlag der FDP-Fraktion, Tansania bei Verzicht auf den Staudamm ein hochmodernes Gas- und Dampfkraft zu finanzieren, wurde von den anderen Parteien abgelehnt. Die FDP wollte den Vorschlag an die Bedingung knüpfen, nur bei Verzicht auf den Damm auch die deutsche Entwicklungshilfe fortzuführen.
Wasserkraft vs. Gaskraftwerk – Nicht immer ist die offensichtliche auch die bessere Lösung
Bei näherer Betrachtung wäre das Gaskraftwerk vielleicht keine so schlechte Idee gewesen, wie man zunächst denken könnte. Und womöglich die einzig echte Alternative, mit der man den Staudamm vielleicht noch hätte verhindern können.
Tansania sitzt nämlich auf beachtlichen Erdgasreserven, die unmittelbar vor der Küste liegen und relativ leicht gefördert werden können. Die Infrastruktur zur Gasexploration ist vorhanden und wurde gerade erst erweitert. Darüber hinaus besteht im Einzugsgebiet von Dar-Es-Salaam – noch dazu in unmittelbarer Nähe zur neuen Eisenbahntrasse – mit dem Kinyerezi Gaskraftwerk eine Anlage, wo genügend Erweiterungsflächen kurzfristig aktivierbar wären.
Ein neuer Kraftwerksblock könnte in relativ kurzer Bauzeit und zu vergleichsweise moderaten Baukosten errichtet werden. Auch die Umweltbilanz ist nicht so schlecht. Mit einem Gas-und-Dampf-Kraftwerk erreicht man inzwischen Wirkungsgrade von bis zu 60%.
Tansania sitzt nämlich auf beachtlichen Erdgasreserven, die unmittelbar vor der Küste liegen und relativ leicht gefördert werden können. Die Infrastruktur zur Gasexploration ist vorhanden und wurde gerade erst erweitert. Darüber hinaus besteht im Einzugsgebiet von Dar-Es-Salaam – noch dazu in unmittelbarer Nähe zur neuen Eisenbahntrasse – mit dem Kinyerezi Gaskraftwerk eine Anlage, wo genügend Erweiterungsflächen kurzfristig aktivierbar wären.
Ein neuer Kraftwerksblock könnte in relativ kurzer Bauzeit und zu vergleichsweise moderaten Baukosten errichtet werden. Auch die Umweltbilanz ist nicht so schlecht. Mit einem Gas-und-Dampf-Kraftwerk erreicht man inzwischen Wirkungsgrade von bis zu 60%.
Made in Germany
Zusätzlich können die Abgase aus dem Kraftwerksbetrieb noch zum Betrieb von thermischen Meerwasserentsalzungsanlagen verwendet werden, wie das beispielsweise auch die Emirate und die Saudis tun. Und mit dem Siemens Kraftwerksbau hätten die Deutschen zudem ein echtes As im Ärmel.
Siemens Power Generation hat mit Irsching/Bayern das modernste Gas-und-Dampf-Kraftwerk im Portfolio und gerade erst auch das bislang größte der Welt gebaut. In der 2017 fertig gestellten Anlage in Beni Suef in Ägypten erzeugen seit 2017 insgesamt zwölf Siemens-Gasturbinen zu je 400 MW Leistung insgesamt 4,8 Gigawatt Leistung Strom. Das ist Weltrekord.
Siemens Power Generation hat mit Irsching/Bayern das modernste Gas-und-Dampf-Kraftwerk im Portfolio und gerade erst auch das bislang größte der Welt gebaut. In der 2017 fertig gestellten Anlage in Beni Suef in Ägypten erzeugen seit 2017 insgesamt zwölf Siemens-Gasturbinen zu je 400 MW Leistung insgesamt 4,8 Gigawatt Leistung Strom. Das ist Weltrekord.
Plug and Play
Bei einer Erweiterung von Kinyerezi bräuchte man keine neuen Pipelines, denn die gibt es ja bereits. Auch die notwendigen Hochspannungsleitungen zur Versorgung der neuen Bahntrasse würden vom Kinyerezi Gaskraftwerk deutlich kürzer ausfallen als vom Staudamm im Selous Game Reserve.
Die Deutschen hätten Tansania also ein durchaus attraktives Paket schnüren und aufzeigen können, wie eine nachhaltig orientierte europäische Entwicklungshilfe neben dem chinesischen Geldregen weiterhin überzeugen und bestehen kann.
Die Deutschen hätten Tansania also ein durchaus attraktives Paket schnüren und aufzeigen können, wie eine nachhaltig orientierte europäische Entwicklungshilfe neben dem chinesischen Geldregen weiterhin überzeugen und bestehen kann.
Vertane Chance
Der hingegen vage formulierte politische Minimalkonsens des Deutschen Bundestages lässt Tansania offensichtlich unberührt. Die Verhandlungen über die deutsche Entwicklungshilfe ließen die Tansanier kürzlich platzen, und die deutsche Delegation musste unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren.
Das Rufiji-Staudamm-Projekt im Selous Game Reserve dokumentiert nicht nur das neue Selbstbewusstsein Afrikas, sondern ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass die Europäer aktuell mit Ihrer Art mittels Entwicklungshilfe Politik zu machen, an Grenzen stoßen.
Für die Camps und Lodges unterhalb des geplanten Staudamms brechen jedenfalls schwierige Zeiten an. War es bisher schon eine gewisse Herausforderung, Besucher in den relativ abgelegenen Selous zu locken, dürfte das mit der nahen Baustelle ab sofort deutlich schwerer werden.
Quellen: Le Monde Diplomatique Deutschland; Oil & Gas Journal; Drucksache des Deutschen Bundestages 19/5461 + 19/6414 + 19/7089; Frankfurter Allgemeine Zeitung; Eturbonews.com; Afrik21.africa; Jagen Weltweit; CIA Factbook; Wikipedia; WWF Deutschland; Siemens AG; – Karten und Grafiken: IntoEastAfrica – Bildnachweis: IntoEastAfrica; Beitragsbild Rufiji River und Luftaufnahme Selous Game Reserve: © Richard Mortel
Das Rufiji-Staudamm-Projekt im Selous Game Reserve dokumentiert nicht nur das neue Selbstbewusstsein Afrikas, sondern ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass die Europäer aktuell mit Ihrer Art mittels Entwicklungshilfe Politik zu machen, an Grenzen stoßen.
Für die Camps und Lodges unterhalb des geplanten Staudamms brechen jedenfalls schwierige Zeiten an. War es bisher schon eine gewisse Herausforderung, Besucher in den relativ abgelegenen Selous zu locken, dürfte das mit der nahen Baustelle ab sofort deutlich schwerer werden.
Quellen: Le Monde Diplomatique Deutschland; Oil & Gas Journal; Drucksache des Deutschen Bundestages 19/5461 + 19/6414 + 19/7089; Frankfurter Allgemeine Zeitung; Eturbonews.com; Afrik21.africa; Jagen Weltweit; CIA Factbook; Wikipedia; WWF Deutschland; Siemens AG; – Karten und Grafiken: IntoEastAfrica – Bildnachweis: IntoEastAfrica; Beitragsbild Rufiji River und Luftaufnahme Selous Game Reserve: © Richard Mortel